Slammen zum Abschied

von Daniela Hug
15. Juni 2020

Ein Text zur Matura: Es ist Zeit für Selbstbestimmtheit

Interpretationen und Textanalysen hierzu nicht erwünscht

Matura ist die letzte Hürde, ein mancher sieht sie als Endspurt, bürdet Druck sich auf, hängt sich rein, ein andrer lässt den Endspurt Endspurt sein und macht sichs fein, mit Klassenkollegen, selbst ein Abschlussfest solls geben.

Ein andrer muss bangen, hat zu spät angefangen mit allem, ist einem Mix aus Verdrängen und Wissenslücken stopfen verfallen, hofft auf einen Gefallen der Lehrer, auf ein Augenzudrücken beim Erblicken seiner Arbeit, fürchtet ein Durchfallen, macht sich schon für die Kompis bereit.

Und schließlich ist es so weit: So sitzen sie dann, die Kandidaten, auf heißen Kohlen schier, die Stifte schon zurechtgerückt, ein letzter Blick schweift verstohlen durch die Maturantenmenge, man wünscht sich Glück, klammernd an den Lichtblick: das Ende der Schulzeit, den Start in die Selbstbestimmtheit.

Matura bedeutet rückblicken, auf all die Wandertage, die Schulausflüge und Busfahrten, Klassenclowns und Zicken, ein zwölf Jahre langes Warten, seit der Zeit im Kindergarten, bis zum Ende der Jugend, dem Start in die Selbstbestimmtheit, das Erwachsensein.

Matura bedeutet ein letztes Durchleben an all das Geschehen, an das Flehen um die bessere Note, das Durchfallen, das Streiten, die Krisensitzungen mit Klassenvorständen, die Kurse, das Uhrenticken, während Minuten wie Stunden wirken, das andere durch Prüfungen leiten, mit Flüstern oder Rumgefuchtel oder Schlüsselwörter auf Hände schreiben, aufzeigen, „Ich versuch dir zu helfen, schau her!“. Rückblickend scheint die Schulzeit ein wenig weniger schwer.

Matura bedeutet Abschließen mit dem Alltag, in dem man so lange gelebt hat. Es ist ein Loslösen von Obrigkeiten, dem Weg vom Niedren zum eignen Autroitärn, ein Einleiten vom Aufbruch in neue Weiten.

Matura bedeutet Tränen, aus Freude und Leiden, unter dem Druck, dass dies die letzte Prüfung ist, doch mit dem Start in die Selbstbestimmtheit beginnt die eigentliche Prüfung erst: das Leben da draußen, ob allein oder zu zweit, wird viele Tests uns auferlegen.

Hat man diese Hürde noch nicht überwunden, ist an der Matura gescheitert, hat man sich nicht umsonst durchgeschunden, man leckt die Wunden, steht auf, macht weiter. Feiert und freut sich auf dem Moment, wenn man die Kompi besteht. Erhobenen Hauptes aus der Schule geht und lebt.

Und mit dem heutigen Tage, der Zeugnisvergabe, dem Abschlusstreffen, wissen wir, es ist geschafft! Ab heute wird sich aufgerafft, das Leben in beide Hände genommen, vier Wände, die uns so lange beschützt, verlassen, und ist der Wisch erst eingesackt, haben die Klassen sich erst getrennt, wird angepackt. Möbel in neue Heimaten getragen, Erinnerungen mitgenommen, an Steine, die einst im Weg uns lagen, an gebrochene Herzen und Lehrer, die nun andre plagen. Man wird reisen und kennenlernen, ohne dass andre zu Wege weisen.

Denn mit dem heutigen Tage ist es soweit, heute ist unser Start in die Selbstbestimmtheit.

 

Julia Gruber